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 Santorin Tashiro der Weise (Lebenssplitter Teil 3)

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Santorin Tashiro der Weise (Lebenssplitter Teil 3) Empty
BeitragThema: Santorin Tashiro der Weise (Lebenssplitter Teil 3)   Santorin Tashiro der Weise (Lebenssplitter Teil 3) Icon_minitimeMo 5 Mai 2008 - 20:16

Die Ausbildung dauerte nun schon vier Wochen. Die Gruppe, in der Arte begonnen hatte, wurde in dieser kurzen Zeit schon deutlich dezimiert. Zwei hatten sich für den Innendienst bei José Galban dem Regencape-Träger gemeldet, nachdem sie spürten wie hoch die körperliche Belastung dieser Ausbildug war. Einige waren zu ihren Familien zurückgekehrt. Ihr ursprünglicher Entschluss, Paladin zu werden, schien nicht gründlich überlegt gewesen zu sein. Ein anderer wiederrum war an einer Hexenmeister-Übung gestorben und hatte den Real-Existenzschock der Wiederbelebung nicht verkraftet und war nun zur seelischen Gleichgewichts-Behandlung bei einem Schamanen in Durotar. Ob er wiederkehren würde war fraglich.

Arte fühlte sich gut. Er konnte gut schlafen und wurde mit jedem Tag neugieriger und erwartete ungeduldiger die Segnung zum ersten Zirkel und die damit verbundenen Auren und Fähigkeiten. Die vor ihm liegenden zwei Jahre bis zu diesem ersten Zirkel erschienen ihm jetzt schon wie eine Ewigkeit. Wie ein Schwamm saugte er alles auf, was man versuchte ihm beizubringen. Für ihn schien kaum eine Aufgabe eine Herausforderung zu sein.

Dieser Erfolg machte ihn übermütig. In seinem Übermut und vielleicht auch in einem Anflug von Langeweile begann er, das Siegel der Argenturdämmerung überall hinzukritzeln wo es ging. Sogar vor dem Hintern eines schlafenden Mitstreiters machte er nicht Halt. Der Koch ließ ihn einige Male rufen, damit er das Fell der Mastschweine wieder von den angerichteten Schmierereien reinigte. Arte hingegen prahlte damit, dem Siegel der Argenturdämmerung zu neuem, strahlenden Glanz zu verhelfen und jedem zukünftigen Feind das Siegel in die Stirn zu brennen. Dies und andere Überheblichkeiten teilte er jedem mit; auch denen, die es gar nicht wissen wollten. Kurz: er war nicht auf dem Weg, sich Freunde zu machen.

Nach weiteren vier Wochen war die Belastungszeit vorbei. So nennt man in der Paladinausbildung die Phase, in der die Konstitution der Anwärter gründlich geprüft wird. Es war der Tag der Berufung. Alle bis zu diesem Tag verbliebenen Anwärter versammelten sich in der behelfsmäßigen Holz-Kathedrale und bekamen die offizielle Erlaubnis, den Weg des ersten Zirkels einzuschlagen. Es war ein feierlicher Tag.

Arte saß nervös und voller Vorfreude zwischen seinen Begleitern, den Blick in freudiger Erwartung auf den Eingang geheftet. Das Ritual sieht es vor, dass die Anwärter sich im Schneidersitz und in ihren hellen, weiß-roten Roben kreisförmig in der Halle niederließen. Zur zwölften Stunde betritt der Ordens-Patriarch des jeweiligen Gebiets, ebenfalls in einer schlichten Robe, über den Haupteingang die Halle und begibt sich in die Mitte unter die Anwärter.

Der Patriarch der Argenturdämmerung im Eschental war in diesem Fall Santorin Tashiro. Ihm eilte der Ruf voraus, über ein nahezu unfehlbares Urteilsvermögen zu verfügen. Arte hatte Santorin des öfteren während der Schwertübungen im Hof bemerkt. Er stand dann neben Tsunetamo, wechselte aber niemals ein Wort mit ihm. Überhaupt zeigte er kaum Gefühlregungen, doch kein Detail schien ihm zu entgehen.

Es war soweit. Santorin Tashiro betrat mit einer Leibgarde die Halle. Langsam und mit gesenktem Haupt begab er sich in die Mitte der Halle und setzte sich, ebenfalls im Schneidersitz, auf einen Knüpfteppich. Arte bedauerte, dass er nur den Rücken des Patriarchen zu sehen bekam, sah es aber gleichzeitig als Möglichkeit den folgenden Worten konzentrierter folgen zu können.
„Anwärter. Heute ist ein Tag wie jeder andere. Eure nervöse Haltung und der schreckliche Geruch in dieser Halle verrät mir, dass ihr anders darüber denkt. Ihr wollt den Weg zum ersten Zirkel eines Blutritters einschlagen. Nach meinen Beobachtungen sind nur wenige von euch dazu fähig.“ Schon bei diesen ersten Worten stutzte Arte. War es nicht so, dass schon die Belastungszeit die Fähigen von den Unfähigen trennen sollte. Er saß noch hier, er war noch dabei. Sollte er sich trotzdem Sorgen machen? Nie im Leben war er sich einer Sache sicherer gewesen, als in dem mittlerweile gefassten Entschluss sein Leben als Blutritter fortzuführen.
Arte begann zu grübeln und er erinnerte sich an Situationen in denen er ähnlich entschlossen war und am Ende doch scheiterte. Er rief sich diese Situationen einzeln ins Gedächtnis und verharrte. Nachdem er einige Zeit in seinen eigenen Gedanken versunken war, drangen die Worte Tashiros langsam wieder an sein Ohr.

„Vieles, was euch ab heute erwartet, werdet ihr nicht verstehen. Es ist natürlich, dass wir tiefgründige und verborgene Dinge nicht verstehen. Dinge hingegen, die wir leicht verstehen, sind oberflächlich. So widmet euch im zukünftigen Leben als Blutritter dem Augenblick. Das Leben eines Blutritters ist eine Abfolge von Augenblicken, an dessen Ende die Erkenntniss und das Wissen um die Dinge stehen. Wenn ihr die Bedeutung der Augenblicke und damit der Gegenwart versteht, dann gibt es für euch nichts anderes mehr und keine anderen Ziele. Widmet deshalb eurer Leben ab heute der Gegenwart. Das wird die erste, aber auch gleichzeitig schwierigste Prüfung auf eurem Weg sein.“

Tashiro beendete seine Ansprache, erhob sich und verließ die Halle. Arte hatte Tashiros Rede verpasst. Zu sehr war er mit sich selbst und seiner Vergangenheit beschäftigt. Das Ritual wurde durch einen Herold beendet, der nun an die Kanzel trat und die Namen derer verlas, die den Weg des ersten Zirkels am nächsten Morgen in einem weiteren Ritual betreten durften. Nach dieser Verlesung leerte sich die Halle allmählich. Gut gelaunt und erleichtert verließen die Anwärter in loser Abfolge die Zeremonie. Im Gasthaus wartete ein Festmahl auf sie.

Als Arte keine weiteren Geräusche mehr vernahm, wagte er es, sich umzublicken. In einiger Entfernung vor ihm saß Kyle Tsunetamo, der schwarz verhüllte Blutelf. „Mein Name stand nicht auf der Liste. Hat man jetzt schon Angst, ich könnte eure Macht und euren Ruhm gefährden?“ Tsunetamo blickte Arte eindringlich an und formulierte seine Sätze sehr ruhig, fast schon sanft. „Wenn jemand dir die Meinung sagt, solltest du ihm dafür dankbar sein, auch wenn es dir nicht weiterhilft.“ Arte hörte zum ersten Mal die Stimme dieses Elfen. Sie war tief und hohl und ließ nicht die geringsten Zweifel an der Wahrheit der gesprochenen Worte. „Reagierst du gereizt, wird er dir nie mehr sagen, welche Fehler ihm an dir aufgefallen sind. Achte darauf, Kritik freundlich zu üben und noch freundlicher entgegenzunehmen.“ „ Dann sagt mir in aller Freundschaft, welcher Dummkopf der Meinung ist, ich könnte kein Blutritter werden. In meiner Gruppe sind nur Bauern, die jetzt schon selbst vor meinem Holzschwert erzittern und eure Aufgaben sind lächerlich.“ Tsunetamo schien zu überlegen, doch dann erhob er sich und schritt Richtung Tür. Arte rief ihm hinterher. „Nennst du das freundlich? Kramst in meinen Gedanken herum und tust dann als hätte man dir die Weisheit mit der Forke aufgeschüttet!“ Tsunetamo verharrte bei Artes weiteren Worten und sprach dann ohne sich ihm zuzuwenden. „In der Sengenden Schlucht lebte einst ein Taure, der Darstellungen von Drachen über alles liebte. Dementsprechend waren alle seine Kleider und Möbelstücke mit Drachen verziert. Seine Neigung kam dem Drachengott zu Ohren und eines Tages erschien ein wirklicher Drache vor dem Fenster dieses Tauren. Es heißt, er wäre vor Angst gestorben.“ Arte glaubte nicht, was er da hörte. Sein Leben lang hatte er sich seinen Ängsten und Sorgen gestellt. Er hatte es nicht einfach, sich aber auch nie beklagt. Seine Chancen schätzte er stets realistisch ein und er hielt sich für vieles, aber nicht für einen Phantasten, hoffnungslosen Romantiker oder schlimmer noch für einen Spinner wie diesen verflohten Drachen-Tauren.

Tsunetamo blickte mit seinen Teufelseisen-Augen über die Schulter zurück zu Arte. „Vermutlich gehörte er zu dem Schlag Tauren, der gern große Töne spuckt, aber sich verkriecht, wenn er mit der Realität konfrontiert wird.“ Dann verließ er die Halle und Arte war nun endgültig allein. Zweifelsfrei, und dazu bedurfte es keiner weiteren weisen Erkenntnis, in jeder Hinsicht.
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